Zechstein in der Rhön und Umgebung
Prof. Dr. Erlend Martini - 2009
Im höheren Perm (Rotliegend und Zechstein, vor ca. 250 – 295 Mio Jahren) überflutete aus dem Nordseebecken heraus das Zechstein-Meer weite Teile von Deutschland mit Ausläufern bis an den Odenwald. In dem flachen Binnenmeer wurden aufgrund der mehr oder weniger guten Verbindung zum Nordseebecken während der Ablagerung der Sedimente unterschiedliche Gesteine abgelagert.
Zunächst wurden über den terrestrischen Sandsteinen des Rotliegend mit der Überflutung durch das vordringende Zechsteinmeer grobe Aufarbeitungssedimente (Zechstein-Konglomerat) abgelagert, die bei schlechter Durchlüftung und Sauerstoffmangel in feinkörnige, dunkle Tonschiefer übergehen, die bis zu 3 % Kupfer enthalten (Kupferschiefer).
Abb 1+2: Im vordringenden Zechsteinmeer wurden unter Sauerstoffmangel zunächst Kupferschiefer, später bei guter Durchlüftung Zechsteinkalke abgelagert |
Dieser Kupferschiefer wurde früher in zahlreichen Gruben und Bergwerken u.a. bei Mansfeld im Ostharz und im Richelsdorfer Gebiet abgebaut. Er enthält wegen der schlechten Lebensbedingungen (Sauerstoffmangel) keine bodenbewohnenden Lebewesen, wurde aber wegen der meist wohl erhaltenen Fische (Palaeoniscus freieslebeni, sog. „Kupfer-Hering“) bei den Fossilsammlern berühmt. Über dem Kupferschiefer folgt der Zechsteinkalk, der in einem gut durchlüfteten Meer abgesetzt wurde und zahlreiche marine Fossilien (Brachiopoden, Muscheln, Schnecken und örtlich Bryozoen) enthält. Bezeichnend ist der mit langen Stacheln besetzte Brachiopode Horridonia (früher Productus) horridus, der „Schreckliche“, wobei die Stacheln wohl eher als Stütze im weichen Kalkschlamm dienten. Nun folgen in mehreren Zyklen Salzablagerungen mit Mächtigkeiten bis zu 600 m, in der idealen Abfolge Anhydrit – Steinsalz – Kalisalz – Salzton, die jedoch in den verschiedenen Teilbecken nicht immer eingehalten wird. Die Salzmächtigkeiten verlagerten sich während der Zechstein-Zeit in Richtung Norden, so dass man die Zyklen in 3 Hauptserien unterteilen kann: Werra-Serie, Staßfurt-Serie und Niedersachsen-Serie.
Abb 3: Die weitere ideale Ablagerungsfolge im eindampfenden Zechsteinmeer: Anhydrit – Steinsalz – Kalisalz – Salzton |
Im höheren Zechstein zog sich das Meer in mehreren Schüben wieder nach Nordwesten in das Nordseebecken zurück. Die Zechstein-Ablagerungen wurden im Anschluss von Sandsteinen der Buntsandsteinzeit (untere Trias) überdeckt. Da insbesondere die salz- und gipshaltigen Sedimente des Zechsteins durch eindringendes Grundwasser lösungsanfällig sind oder durch den Druck mächtiger überlagernder Sedimente beweglich werden, kam es an vielen Stellen zu Geländeeinbrüchen (Erdfälle, Subrosionen) bzw. zu den in Norddeutschland verbreiteten Salzstöcken (Salzdiapyren).
Im Gebiet der Rhön sind vor allem die älteren Sedimente des Zechsteins im Untergrund vorhanden. Sie wurden durch zahlreiche Bohrungen im Rahmen der Erkundung für den Kalibergbau und für die Untersuchung der Verbreitung des Kupferschiefers erbohrt (u.a. Schumacheret al.1981). Lösungserscheinungen sind in den Zechsteinablagerungen im Bereich der Rhön weit verbreitet, da sie zur damaligen Zeit als ein Hochgebiet (Rhön-Schwelle) randlich für spätere Ablaugungsvorgänge besonders anfällig war. So sind in der Bohrung Dietges 1 die Gesteine des Zechsteins zwischen 449 und 519 m stark zerrüttet und in ihrer Mächtigkeit gegenüber dem ursprünglichen Zustand reduziert (Trusheim 1964). Hohlräume, die bei den Lösungsvorgängen entstehen, können sich durch Zusammenbruch der Deckschichten und Nachfall bis an die Oberfläche durchpausen. Sie machen sich hier durch Einbrüche (Subrosionen), die durch jüngere Gesteinseinheiten verfüllt sind, bemerkbar. So scheint sich ein Teil der tertiären Ton- und Kohlevorkommen in der Rhön in derartigen Subrosionssenken gebildet zu haben (Martini et al. 1984). Darunter fallen zum Beispiel das Ton-Vorkommen von Abtsroda, von dem noch der Tiefstollen erhalten ist, und die ehemalige Kohlegrube Sieblos, von der heute nur noch die alten Halden Zeugnis ablegen.
Im Zusammenhang mit den Zechstein-Ablagerungen stehen Solequellen wie die von Bad Salzungen, die schon von den Kelten genutzt wurden. Bereits 775 wurden Salzsiedeanlagen in Bad Salzungen in einer Schenkungsurkunde Karls des Großen erwähnt. Um 1590 wurden die ersten Gradieranlagen in Salzungen errichtet. Erste Tiefbohrungen wurden zwischen 1876 und 1881 bei Kaiseroda (Merkers) westlich Bad Salzungen abgeteuft, wo 1893 schließlich zwei abbauwürdige Kaliflöze erbohrt wurden. Auch in anderen Gebieten fanden bergbauliche Versuche statt, wobei aufgrund der Mächtigkeiten insbesondere des Kalisalzes zwei Abbaugebiete entstanden.
Abb 4: Abraumhalde des Kalisalzbergwerkes bei Philippstal (2008) |
Im Fuldaer Becken konzentrierte sich der Abbau untertage auf das Gebiet um Neuhof, während im Werra-Revier eine ganze Reihe von Abbauorten entstanden. Ein Teil dieser Anlagen wurde inzwischen aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen. Übrig blieben nach dem Zusammenschluss der deutschen Kaliindustrie im Dezember 1993 die drei Standorte Hattorf, Heringen und Unterbreizbach. Die Grube Merkers wurde zu einem Erlebnis-Bergwerk umgestaltet und ist über Führungen zugänglich.
Abb 5: Salzkristalle in der Kristallgrotte des Besucherbergwerkes Merkers |
In der Umgebung von Neuhof wurden in den Jahren 1899 bis 1913 zahlreiche Tiefbohrungen niedergebracht und 1906 mit dem ersten Abbauschacht begonnen, der 1909 fertiggestellt wurde. Der Schacht (Ansatzpunkt 295 m ü. NN) durchörterte zunächst bis 362 m Mittleren und Unteren Buntsandstein. Bis 406 m folgte Bröckelschiefer, dann bis 417 m Obere Zechsteinletten mit Anhydrit und Gips, bis 425 m Plattendolomit und bis 464 m Untere Zechsteinletten mit Anhydrit und Salzton. Von 464 m bis 477 m folgte Jüngeres Steinsalz und dann bis 484 m wieder braunroter Salzton, der bis 522 m vom oberen Älteren Steinsalz unterlagert wurde. Zwischen 522 und 539 m wurde schließlich das Obere Kalilager (Flöz Hessen) angetroffen (Sobotha 1933). Im normalen Profil folgt dann das mittlere Ältere Steinsalz, das Untere Kalilager (Flöz Thüringen), das untere Ältere Steinsalz und wieder Anhydrit.
Bei der Förderung der Kalisalze, die u.a. für die Düngemittelherstellung benötigt werden, fielen große Mengen unbrauchbarer Nebengesteine an, die auf Halde geschüttet wurden und mit der Zeit beachtliche Abraumberge bildeten. Ein bekanntes Beispiel ist der weithin sichtbare „Weiße Berg“ von Neuhof.
Abb 6: Der sogenannte „Kaliberg“ oder „Weiße Berg“ bei Neuhof (2008) |
In der letzten Zeit musste dieser Berg allerdings aufgrund von Umweltauflagen mit nicht salzhaltigen Sedimenten abgedeckt werden, um die Salzabschwemmung zu verringern. Ein weiteres Problem bildet die bei der Produktion anfallende Salzlauge, die nur zum Teil in den Untergrund entsorgt werden kann. Zur Zeit wird die Möglichkeit eines Ferntransportes zur Werra untersucht.
Die Kali-Förderung betrug 1967 in der Bundesrepublik 2,46 Mio Tonnen und in der DDR 2,18 Mio Tonnen, das waren fast ein Drittel der Weltförderung. 1973 war die Kali-Förderung auf 2,96 Mio Tonnen in der Bundesrepublik und auf 2,56 Mio Tonnen in der DDR angestiegen. Inzwischen sind die Förderzahlen nach der Schließung einiger Werke rückläufig und erreichten 2006 nur noch 3,625 Mio Tonnen. Die Weltförderung betrug zu diesem Zeitpunkt 29,3 Mio Tonnen.
An der Oberfläche sind in der Rhön nur zwei kleinere Vorkommen von Zechstein-Sedimenten bekannt. Schon 1907 war ein kleines, tektonisch begrenztes Vorkommen bei Urspringen von Bücking als bräunlichgraue Dolomite und hellgraue, zellige dolomitische Gesteine, die als Fossilien „neben zahlreichen Wurmröhrchen besonders Steinkerne von Gervillia antiqua, Schizodus Schlotheimi, Aucella Hausmanni und einen Pleurophus“ (Bücking 1916) enthalten, beschrieben worden.
Abb 7: Zechsteinvorkommen bei Rödergrund bei Hofbieber (2008) |
Ein weiteres Vorkommen (blaue Pfeile in der Abbildung des Rödergrundes) wurde in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts im Zusammenhang mit einer Subrosionssenke im Rödergrund bei Hofbieber in der westlichen Rhön entdeckt (Martini & Rothe 1993). Auch hier handelt es sich um Kalke und Dolomite, die zum Teil fossil führend sind und neben kleinen unbestimmbaren Schnecken die Muscheln Schizodus sp. und Libea hausmanni enthalten.
Literatur:
Bücking, H. (1907): Über einige merkwürdige Vorkommen von Zechstein und Muschelkalk in der Rhön. – v. Koenen-Festschrift: 1 –18, 1 Abb., 1 Taf.; Berlin.
Bücking, H. (1916): Geologischer Führer durch die Rhön. – Samml. Geol. Führer, 21: 262 S., 46 Abb., 3 Taf.,1 Kt.; Berlin.
Martini, E. & Rothe, P. (1993): Zechstein-Karbonate in der westlichen Rhön – ein Oberflächennachweis von Blatt 5425 Kleinsassen. – Jber. Mitt. Oberrhein. geol. Ver., N.F. 75: 275 – 286, 7 Abb.; Stuttgart.
Martini, E., Rothe, P., Kelber, K.-P. & Schiller, W. (1994): Sedimentäres Tertiär der Rhön (Exkursion I am 9. April 1994).- Jber. Mitt. Oberrhein. Geol. Ver., N.F. 76: 219 – 244, 9 Abb., 1 Tab.; Stuttgart
Schumacher, C., Kaidies, E. & Schmidt, F.-P. (1984): Der basale Zechstein der Spessart – Rhön – Schwelle. – Z. dtsch. Geol. Ges., 135: 563 – 571, 3 Abb.; Hannover.
Sobotha, E. (1933): Geologische Wanderungen um Fulda. – 176 S., 53 Abb., 1 Kte.; Fulda (Fuldaer Actiendruckerei).
Trusheim, F. (1964): Über den Untergrund Frankens. Ergebnisse von Tiefbohrungen in Franken und Nachbargebieten. 1953 – 1960. – Geol. Bavarica, 54: 1 – 92, 11 Abb., 13 Beil.; München.
Fotos und Grafiken: Dr. Martin Wittig, Poppenhausen.
Verfasser: Prof. Dr. Erlend Martini, Parkstraße 40, 61476 Kronberg /Taunus
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